Sonntag, 21. März 2010

Unglaublich günstige Angebote

Tante Sophia glaubt an das Sparen. Wie vielen Frauen der Nachkriegsgeneration sind ihr das Lob des Sparens und eine Art Ekel vor unnützen Ausgaben ins Betriebssystem geschrieben worden. Wenn sie im Familienkreis von einer Anschaffung hört, fragt sie als erstes nach dem Preis, und wenn man ihn ihr nennt, produziert sie ein schnaubendes Geräusch, das ihre Wut über den viel zu hohen Preis ausdrückt. Dazu legt sie die Stirm in metertiefe Falten.

Wenn Tante Sophia etwas kauft, dann etwas Heruntergesetztes. Hat das örtliche Kaufhaus reduzierte Twinsets, ist Sophia fast immer dabei. Natürlich gibt es oft herabgesetzte Teile, das Kaufhaus wäre ja blöd. sich diese Gelegenheiten entgehen zu lassen.

Mit Inbrunst werden die Faltblätter der Discounter studiert, lässt sich doch hin und wieder ein Tesafilmabroller für ein Taschengeld „schießen“. Gestern kam der Flyer mit den Sonderangeboten der nahegelegenen Apotheke, bei der Tante Sophia Mitglied ist, besser gesagt Stammkundin. Zwanzig Prozent auf Allergie-Tabletten, ein unglaublicher Preis! Sophia nimmt an, dass die Apotheke diesen Artikel weit unter Einkaufspreis verscherbelt, sicher als Zeichen der Dankbarkeit gegenüber treuen Kunden. Sie überlegt, ob vielleicht nur eine Packung pro Person zu diesem Preis abgegeben wird. Doch sie als Stammkundin hat sicher eine Chance, eine zweite Packung für die Tochter zu ergattern.

Für jemanden, der täglich mit den Freuden des Marketings zu tun hat, kann ein Besuch bei Tante Sophia ein erleuchtendes Unterfangen sein. Es gibt ihn also doch, den Verbraucher, der alles glaubt. Die Frage ist nur: Wie lange noch? Selbst Apotheken-Sonderpreise werden der Tante kein ewiges Leben bescheren.

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